Boule – boomt in Stewwert – warum, das erklären Möllers und Volkmar

 

Drensteinfurt – Im Interview mit dem WA erklären Manfred Möllers und Thomas Volkmar von der Bouleabteilung des SV Drensteinfurt, warum das französische Kugelspiel in Stewwert so gut ankommt und was 2107 ansteht.

Genauigkeit ist beim Boule gefragt. Warum genau das französische Kugelspiel in Drensteinfurt so gut ankommt, wie der Nachwuchs dafür zu begeistern ist, warum die Turniere so skurrile Namen haben, was die Auszeichnungen für die Verantwortlichen bedeuten und welche Ideen es für 2017 gibt – darüber unterhielt sich Matthias Kleineidam mit Obmann Manfred Möllers (62 Jahre) und Geschäftsführer Thomas Volkmar (61) vom SVD. Beide sind von Beginn an im Abteilungsvorstand, Volkmar nennt sich selbst „Mädchen für alles“.

Wann, wo und warum entstand die Idee, eine Bouleabteilung in Drensteinfurt unter dem Dach des SVD zu gründen?

Thomas Volkmar: Im Skiurlaub im Januar 2009 in Italien. Die fünf Gründungs-mitglieder haben sich gesagt: Wir müssen mal irgendwie eine Sportart anbieten, die wir auch im höheren Alter noch selber ausüben können. Fußball spielen ging nicht mehr, wollten wir nicht mehr. Die Idee, eine Bouleabteilung zu gründen, gab es schon zu Zeiten von Eckhard Wruck (ehemaliger SVD-Vorsitzender/Anm. d. Red.). Zuerst hat der Verein gesagt: Nein, machen wir nicht. Daher haben wir drei, vier Jahre gar nichts gemacht. Und als wir dann im Urlaub waren – da war Klaus Heine (ehemaliger Boule-Obmann) schon im Vorstand – haben wir gesagt: Wir müssen was machen. Und haben unsere Kumpels angesprochen, die nicht mit im Skiurlaub waren. Als wir genug Leute waren, sind wir angefangen, haben mit Paul Berlage (damaliger Bürgermeister) wegen der Fläche gesprochen, uns mit dem SVD abgestimmt, weil wir Toiletten usw. brauchten, und die ersten vier Plätze gebaut. Die haben wir beim Pfingstturnier 2009 eröffnet – ein Jahr vor dem 100-jährigen Jubiläum. Bei der Gründungsversammlung der Abteilung waren wir 16 Personen. 15 Männer und eine Frau, Christel Olfenbüttel. Sie ist nach wie vor dabei.

In sieben Jahren ist die Mitgliederzahl von 16 auf 90 gestiegen. Davon träumen andere Abteilungen und Vereine. Welche Gründe gibt es für den enormen Zuwachs?

Manfred Möllers: Ich denke, erstmal dass der Sport überhaupt nach Stewwert gekommen ist und dann die Beliebtheit gefunden hat. Die Älteren, die gekommen sind, haben immer wieder neue Mitglieder mitgebracht, Freunde, Verwandte, Bekannte. Und dadurch ist die Zahl schneller gestiegen, als wir eigentlich gedacht hatten. Volkmar: Ein weiterer Grund sind die Motto-Jahre. Wir haben jedes Jahr unter ein Motto gesetzt und sind mit Veranstaltungen speziell darauf eingegangen. Nach dem „Jahr der Senioren“ kam der Mitgliederschwung.

Der Präzisionssport ist für alle Altersklassen geeignet. Wie jung ist das jüngste, wie alt das älteste Mitglied der Abteilung?

Volkmar: Die Älteste, Lilo Kösters, ist 93, die Jüngsten sind Maik Wältermann und Thomas Wimber mit Mitte 20.

Wie kann man den Nachwuchs für Boule begeistern?

Möllers: Das war schon eine Aufgabe in den vergangenen ein, zwei Jahren, immer wieder Jüngere heranzuführen. Das ist auch deswegen wichtig, um den Mannschaftssport zu fördern. Aber es ist eine schwere Aufgabe, das muss man ganz klar sagen. Wir haben es geschafft, ein paar Neue dazuzubekommen, es geht allerdings nicht so schnell wie bei den Älteren. Volkmar: Bei solchen Veranstaltungen wie dem U50- oder dem Generationen-Cup, wo die Mitglieder ihre Kinder mitbringen, da bleibt der eine oder andere hängen – so wie Christoph Vorlop, der wie Maik Wältermann und Thomas Wimber mittlerweile in einer Liga-Mannschaft spielt. Die Leute müssen erst einmal wissen, was Boule überhaupt ist. Bei uns steht aber nicht nur der Boulesport im Vordergrund, sondern auch die Geselligkeit. Das ist unheimlich wichtig, speziell für die Älteren. Sie wollen nicht nur Boule spielen, sie wollen raus, wollen reden, wollen Kaffee trinken.

Euer Ziel ist es, möglichst viele Menschen anzusprechen. Es gibt mittlerweile Boule-Angebote für Menschen mit Behinderung, für Senioren und für Flüchtlinge. Wie ist die Resonanz?

Volkmar: Wir haben viele dabei, die gar kein Mitglied sind, aber zu uns gehören. Wir haben alleine 21 Menschen mit Behinderung, die an den Treffen der Gruppe „Mittendrin“ am dritten Freitag im Monat teilnehmen, aber keinen Beitrag zahlen. Bis auf zwei, drei kommen alle aus Drensteinfurt. Der eine oder andere bringt seinen Vater oder Betreuer mit, sodass wir regelmäßig rund 30 Teilnehmer sind. An der Aktion im Sommer mit den Alexianern haben 97 Menschen mit Behinderung teilgenommen. Ihre strahlenden Augen, wenn sie im Cabrio zurückgebracht werden, ersetzen alles. Und alle Helfer sagen: Was Schöneres gibt es gar nicht. Wir werden die Teilnehmerzahl aber mal deckeln müssen, wir können nicht noch mehr versorgen. Bei den Senioren ist die Resonanz ganz groß. Freitagmorgens kommen die meisten. In den Sommermonaten sind es immer über 30 Personen. Auch am Samstagnachmittag und Sonntagmorgen nutzen sie das Boulodrom. Mittwochabends, wenn es dunkel ist, kommen die Senioren nicht. Sie nutzen lieber die anderen Tage. Wir haben den Vorteil, dass wir Leute dabei haben, die sagen: Ich nehme das in die Hand, wir sind da – so wie Friedel Walter und Wilfried Vorlop. Wenn diese Leute sagen würden, sie haben keine Lust, dann läuft das nicht. Wenn wir irgendwas machen wollen, sprechen wir erst die Leute an, und dann läuft das von selber. Möllers: Die Flüchtlinge wollten wir nie als separate Gruppe haben. Sie sollen kommen und integriert werden. Wir haben mittlerweile vier, die praktisch immer da sind, mithelfen und wahrscheinlich nächstes Jahr auch in einer Mannschaft mitspielen. Volkmar: Da geht‘s um die Integration. Sie werden voll eingebunden wie wir auch. Und da haben wir die Erfahrung gemacht: Die brauchst du gar nicht ansprechen, die sehen Arbeit.

Geselligkeit, das hattet ihr bereits erwähnt, wird bei „Klack ‘09“ großgeschrieben. Ist es gerade die Mischung aus Sport und Spaß, die bei den Mitgliedern so gut ankommt?

Möllers: Das ist unterschiedlich. Wir haben welche dabei, die sind reine Mannschaftsspieler und weniger bei dem geselligen Programm dabei. Sie spielen aber auch innerhalb der Boule-Organisation NRW bei anderen Turnieren mit. Die gibt‘s auch. Aber ich würde sagen, 85, 90 Prozent wollen beides – Spiel und die Geselligkeit.

Eure Turniere heißen Asparagus-Cup, Green-Kappes-Cup oder Cup de Fruit: Wie kommt man eigentlich auf solche ungewöhnlichen Namen?

Volkmar: Das hat immer was mit dem Sponsor zu tun. Bei den Turnieren müssen wir ja irgendwelche Preise haben. Und wenn zum Beispiel ein Spargel-Bauer den ganzen Spargel (lateinisch asparagus) sponsert, nennen wir das Turnier Asparagus-Cup. Spargel-Cup hört sich ja langweilig an. Green-Kappes-Cup hört sich auch viel besser an als Grünkohl-Cup (Anm. d. Red.: Kappes bedeutet nicht nur Unsinn, sondern ist auch ein Synonym für Weißkohl).

Platz drei bei den „Sternen des Sports“ in diesem Jahr, der Ehrenamtspreis der Akademie Ehrenamt im Kreis Warendorf im Jahr 2012 und andere Förderpreise: Sind die Auszeichnungen auch eine Bestätigung für die geleistete Arbeit?

Volkmar: So sehe ich das. Ich finde, wenn man so eine Ehrung wie aktuell Friedel Walter, der zu den kreisweiten Top Ten des Ehrenamts im Sport gehört, erfährt, ist das ja auch irgendwie eine Ehrung für den Verein mit. Es wird über einen geredet. Wir haben auch festgestellt: Wenn wir Sponsoren suchen, die kennen uns mittlerweile. Sie wissen, dass wir viel für Menschen mit Behinderung und Flüchtlinge machen.

Worauf können sich die Mitglieder und Gäste der SVD-Boulefreunde im Jahr 2017 freuen?

Möllers: Die Planung läuft ja jetzt erst an. „Boule, Bike und Kultur“ soll das Motto lauten. Volkmar: Es gibt einen Film mit Gérard Depardieu, speziell über Boule („Eine ganz ruhige Kugel“). Da ist einer, der kommt von ganz unten und spielt um richtig viel Geld. Den wollen wir im Boulodrom zeigen. Dann sind wir vor Kurzem in Mersch gewesen, haben Haus Venne besichtigt und im Innenhof Boule gespielt – das hat auch was mit Kultur zu tun. Veranstaltungen wie „Boule on tour“ versuchen wir auch im kommenden Jahr anzubieten. Möllers: Es gibt die Idee, mit dem Fahrrad von einem interessanten Ort zum anderen – auch in Rinkerode und Walstedde – zu fahren, um da zu spielen.

Volkmar: Thomas Bonnekoh und ich haben „Boule und Bike“ schon mal ein bisschen vorbereitet. Das bedeutet, eine Tour mit dem Fahrrad zu machen. Zwischendurch gibt es Stationen, an denen Aufgaben zu lösen sind, die etwas mit Boule zu tun haben. Zum Beispiel mit verbundenen Augen ein Schweinchen (Zielkugel) werfen. Das ist ähnlich wie diese Orientierungsfahrten. Ein Wettbewerb nur aus Spaß und Unterhaltung. Und dann werden wir irgendwo einen Abschluss machen und fertig. Die Stammturniere und so weiter werden sicherlich bleiben.

Quelle: WA-online: Matthias Kleineidam

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